Welch Glück für mich, dass ich als Mitarbeiter eines Luzerner Hotels diese Fahrt kostenlos unternehmen darf und das sogar noch in der ersten Klasse. Das Boot legt wie jeden Tag nur einmal ab und das um 10.12 Uhr in der Früh am Steg 1. Das Motorschiff MS Europa ist schon verzurrt und bereit für die über fünf Stunden währende Rundfahrt. Es handelt sich hierbei um das Schiff mit dem grössten Oberdeck der Flotte (2. Klasse), also die Aussicht von oben geniessen. Die Informationen, welches Schiff der Flotte an ihrem Ausflugstag unterwegs ist, findest du online auf der Seite der SGV. Ein kleiner Tipp am Rande, die erste Klasse lohnt sich bei den Motorschiffen nicht so sehr, bei der MS Europa sind beide Klassen mit denselben Sitzgelegenheiten ausgestattet.
Leider ist das Wetter heute nicht das Beste, ein leichter Wolkenschleier liegt über dem See und am Ufer sind immer noch die letzten Anzeichen des Frühnebels zu erspähen. Das diffuse Licht über dem See hat jedoch seinen eigenen Reiz. Ebenso reizt die Möglichkeit in der Zeit etwas zurückzureisen, in jene Epoche, als eine Reise noch ein Abenteuer war, welches in das grosse Ungewisse führte. Das Boot gleitet gemächlich durch das ruhige Wasser, es bleibt viel Zeit, um die Landschaft am Ufer zu betrachten und in den eigenen Gedanken zu versinken.
Für das leibliche Wohl ist gesorgt, in der 1. Klasse wird jeder Platz bedient. So finde ich mich schon bald bei einem verspäteten Frühstück wieder. Der Kaffee ist zwar nicht so gut wie aus dem Siebträger in unserem Restaurant Bellini Locanda Ticinese, aber die Aussicht macht diesen Qualitätsunterschied mehr als wett.
Sollte es mir an einem Ort der Reise besonders gut gefallen, so hätte ich jederzeit die Möglichkeit auszusteigen und mir den Ort genauer anzuschauen, denn das Schiff fährt nach Flüelen und anschliessend die gleiche Strecke wieder zurück. Der Plan für mich ist jedoch klar, auf dem Schiff zu verweilen. Meine literarische Reisebegleitung, Mark Twain’s Buch «A Tramp Abroud», zeigt mir weitere Einblicke in die Vergangenheit meines Reiseziels. Sowohl das Ambiente als auch meine literarische Reisebegleitung vermitteln mir dieses Gefühl in der Belle Époque angekommen zu sein, wobei die Dampfschiffe, welche im Sommer auf dem Vierwaldstättersee unterwegs sind noch mehr in diese Zeit passen würden.
Der dritte Halt der Reise ist Weggis, «dies war der schönste Flecken Erde, auf dem ich je geruht habe.» So Twain’s eigenen Worte, welche er 1880 erstveröffentlichte. Solltest du keine Zeit für einen Ausflug nach Weggis finden, so kannst du dich auch am Löwendenkmal in Luzern vom Schöpfer Tom Sawyers inspirieren lassen. «Der Löwe von Luzern ist das traurigste Stück Stein der Welt», so Twains Meinung zu unserem Luzerner Kulturgut. Bitte beachte, das Löwendenkmal wird im Jahr 2023 renoviert, es ist bis im Mai 2023 nicht für Besichtigungen geöffnet.
Von Weggis aus geht es weiter über Gersau nach Rütli, zwischen Brunnen und Rütli gibt der Wald am Ufer eine Lichtung frei. Hier hat unser Land seinen Ursprung genommen. Es würde sich ein Zwischenhalt anbieten, Ankunft um 12.21 Uhr, Abfahrt wäre wieder um 13.36 Uhr ab der gleichen Haltestelle.
Jedoch verpasst man dann Isleten-Isenthal, das kleine Delta des Isitaler Baches. Dieser Flecken war bis 1901 nur auf Schusters Rappen und per Boot zu erreichen. Die Strasse nach Isental wurde als erste Strassenanbindung 1901 in Betrieb genommen. Bereits 1879 eröffnete Alfred Nobel hier eine Sprengstofffabrik auf dem Gelände einer ehemaligen Papierfabrik, Industriell war das Gebiet schon sehr früh erschlossen. Die Seestrasse am Ufer welcher unser Schiff folgt wurde sogar erst 1956 fertiggestellt.
Zehn Minuten später sind wir schon in Flüelen. Planst du als Familie diesen Ausflug, hättest du ab hier die Möglichkeit mit dem Zug die Reise fortzusetzen, was die Reisezeit wesentlich verkürzt. Mein Plan sieht jedoch das Verweilen an Bord vor, zudem sieht man auf Rückfahrt die ganze Strecke nochmals aus einer anderen Perspektive.
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